Im Rahmen des allgemeinen Poker-Wahnsinns ist allerhand merkwürdiges geschehen. Texas Hold Em an jeder Ecke, Pokerturniere auf Eurosport, Promi-Pokern mit Stefan Raab, selbst in unserer kleinen Stadt macht ein Pokerschuppen auf… Da wundert es nicht, dass da die Filmindustrie nicht nachstehen will. ALL IN POKERFACE ist das Ergebnis dessen…
Wer hinter einem Pokerfilm eine Bahn brechende Story erwartet, sollte sich vielleicht mal am Kopf untersuchen lassen. Entsprechend ist es für mich nicht sonderlich überraschend, dass hier „21“ mit ein paar anderen Ideen verwurstet wird, die man ebenfalls aus anderen Filmen kennt.
Die kleine Alicia (Dominique Swain) hat einen spielsüchtigen Vater (Michael Madsen), der ihr alles über Poker beibringt. Als er eines Tages mit hohen Spielschulden einen tragischen Autounfall hat, bricht für sie eine Welt zusammen. Viele Jahre später will Alicia ein Medizinstudium beginnen, selbstverständlich zum Missfallen ihrer streng gläubigen Mutter. An der Universität lernt sie ein paar nette Leute kennen, die allesamt spezielle Fähigkeiten besitzen, die für ein Pokerturnier geradezu unheimlich gut miteinander harmonieren. Der eine hat ein fotografisches Gedächtnis, der nächste ist ein begnadeter Mathematiker, der dritte kann in den Gesichtern der Menschen sehen, wer blufft und wer nicht, Alicia kennt alle Tricks im Pokern, und ihre Freundinnen sehen gut genug aus, um zum einen Geld zu beschaffen, zum anderen die Pokergegner abzulenken.
Nach einem erfolgreichen Beutezug in einem Casino setzen sie aber alles auf eine Karte und wollen bei einem großen Pokerturnier 5 Millionen Dollar abkassieren… Es kommt, wie es kommen muss: ratet mal, wer ebenfalls am Pokerturnier teilnimmt? Genau!
Als Nebenhandlung wird immer mal wieder von einem korrupten Chefarzt berichtet, der Alicia in ihrem Studium das Leben zur Hölle macht und illegale Einwanderer, die bei ihm auf den OP-Tisch kommen, erpresst, sie nicht erfolgreich zu operieren, wenn sie ihm nicht einen bestimmten Betrag bezahlen. Zunächst denken die Freunde natürlich, die Oberschwester würde dahinter stecken, da diese Spielschulden hat… Ja, und selbstverständlich ist auch der Chefarzt ein begnadeter Pokerspieler, der in der Endrunde ebenfalls mitmischt…
Ich vermute, man muss schon absoluter Poker-, absoluter Michael Madsen- oder Dominique Swain-Fan sein, um bei diesem Film die Fassung zu wahren. Die Story ist eklatant lahm, die schauspielerische Leistung pendelt sich irgendwo zwischen Ohnsorg-Theater und Laienspielgruppe ein. Wenigstens in Sachen Kameraführung und Schnitt ist hier kein großartiger Fehler zu erkennen, aber auch ansonsten ist das Bild für eine DVD nicht sonderlich berauschend…
Wer hofft, hier noch ein paar Tricks und Kniffe fürs Pokern abgreifen zu können, den müssen wir enttäuschen. Selbst mit Laien-Kenntnissen können wir nachvollziehen, was an den Spieltischen geschieht, aber nicht, wie man mit solch einem Spielkönnen an großen Pokerturnieren teilnehmen können soll, wobei: schauspielerisch sieht es hier ja auch eher mau aus… Weder Michael Madsen noch Louis Gossett Jr. können hier noch großartig etwas retten, daher mein Fazit: rien ne va plus…