Regisseurduo Carsten Ludwig und Jan-Christoph Glaser zeigt mit 66/67 – FAIRPLAY WAR GESTERN einen Film über Hooligans. Entscheidend hierbei ist, dass es sich insgesamt eher um die einzelnen Personen und ihre individuellen Probleme dreht, und weit weniger um ihr gemeinsames „Hobby“, wie uns der Titel eventuell glauben lassen mag. Wer also ein zweites „Football factory“ erwartet, wird unter Umständen enttäuscht werden. Nichtsdestotrotz hat der Film einiges an Tiefgang auf Lager und kann entsprechend in mancher Hinsicht sogar mehr überzeugen, als es „Football factory“ oder „Hooligans“ konnten (von „Hooligans 2“ will ich gar nicht erst anfangen).
Sechs Freunde sind von einer einstmals großen „Firma“ übrig geblieben, die ihr Leben als Hooligans für Eintracht Braunschweig verbringen. Ein jeder von ihnen hat seine ganz eigenen Gründe, warum er an der Clique festhält, warum er eine Sache, die neutral betrachtet keinerlei Sinn ergibt und nur auf stupide Gewalt ausgelegt ist, weiter als Dreh- und Angelpunkt für sein Leben nutzt.
Florian (Fabian Hinrichs), Anführer der Truppe, flüchtet auf dieser Weise vor dem Erwachsenwerden, will nicht in die Fußstapfen seines Vaters treten, der ihn mit in sein Unternehmen schleusen will. Dafür scheut er auch nicht davor zurück, alle in dem Glauben zu lassen, er würde noch seine Diplomarbeit schreiben (die er mit „sehr gut“ bestanden hat). Ebenfalls geht er einer festen Beziehung aus dem Weg.
Otto (Christoph Bach) will sich selbst (und schon gar nicht seinen Freunden gegenüber) eingestehen, dass er homosexuell ist, Tamer (Fahri Ogün Yardim) ist zunehmend damit beschäftigt, sich um seinen kranken Vater zu kümmern, Christian (Christian Ahlers) wünscht sich nichts sehnlicher, als mit seiner Freundin eine Familie zu gründen (sie ist ebenfalls Eintracht-Fan, versteht sich), Henning (Maxim Mehmet) ist von Beruf Polizist aus Familientradition, ist damit aber alles andere als zufrieden und wird auch von seinem Vater (der im gleichen Kommissariat sitzt und die Dienstpläne zusammenstellt) auch immer benachteiligt… Lediglich über Mischas Motive erfährt man im Film nicht viel, er ist aber auch derjenige, der aus der gesamten Truppe am bodenständigsten wirkt und scheinbar ebenfalls nach einem Absprung sucht.
Zwar gibt es in 66/67 – FAIRPLAY WAR GESTERN auch die eine oder andere Szene, wo sich alles um das Hooligans-Dasein der Freunde dreht, allerdings hat dies bei weitem nicht den höchsten Stellenwert. Hier geht es vielmehr um Beziehungen, um Freundschaft, um die Probleme des Erwachsenwerdens. Darum, dass man versucht, seinen Freunden genau das zu sein, was sie von einem erwarten, nämlich nicht der „vernünftige“ Mensch, der sich im Berufsleben behaupten will und zielstrebig seinen Weg geht, sondern derjenige, der einfach so in den Tag lebt und sich keinerlei Verpflichtungen unterzieht.
So kann der Film eigentlich auch nur eine Momentaufnahme bieten. Die angesprochenen Probleme werden hier nicht gelöst, nicht einmal im Ansatz, sondern vielmehr spitzt sich die Situation immer weiter zu, bis es dann knallt. Doch mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten. Wer allerdings ein Happy End erwartet, der wird enttäuscht sein, denn der Film endet weder fröhlich, noch hat man das Gefühl, dass für die Protagonisten ihre Schwierigkeiten zu Ende sind und von da an alles besser wird.