Bei den in letzter Zeit erschienenen Shooterspielen zeigt sich deutlich, dass die Zeiten, in denen ihr durch ewig lange Levelschläuche von Punkt A nach Punkt B rennen müsst, sich mehr oder weniger dem Ende zuneigen. Natürlich gibt es ab und zu auch noch mal ein halbwegs lineares Spiel, aber der Trend geht mehr und mehr in Richtung Open World, wo ihr euch frei bewegen und entscheiden könnt, was ihr wie angeht. Bei DAMNATION wird nun auch erstmals die dritte Dimension vollends ausgenutzt.
In der Rolle des Rebellenkämpfers Hamilton Rourke ist es eure Aufgabe, der finsteren Regentschaft des Industrie-Diktators Prescott ein Ende zu setzen und eure große Liebe zu retten, beides Motivationen, die man als Videospieler bestens nachvollziehen kann, zumal man aus diesen Motivationen heraus schon unzählige andere Spiele gespielt hat. Dass Prescott mit modernster Industrie die Regierung überrumpelt hat, ist nur ein Teil seiner Überlegenheit: seine Soldaten werden durch eine Droge gefügig gemacht, aggressiv gehalten und auch von den Fähigkeiten verbessert (Resident Evil und Haze lassen grüßen). Was die Hintergrundstory betrifft, hat man sich also keine wirklich neue Geschichte einfallen lassen, es ist zugegebenermaßen aber auch schwer geworden, eine einleuchtende Idee zu präsentieren, warum eine Gruppe von Menschen auf alles andere schießt, was sich bewegt. Da bleiben nur Kriege, Invasionen, Pestilenzen und Zombieseuchen, oder eben die bösen Herrscher, die es zu stürzen gilt.
Als Ausgleich bietet DAMNATION dafür ein aussergewöhnliches Setting mit vielen neuen Ideen und Ansätzen. Ihr spielt in einem Szenario, das ein alternatives Amerika im 19. Jahrhundert zeigt. Prescott hat mit Hilfe von Dampfmaschinen Roboter, Fahrzeuge und Kampfmaschinen entwickelt, die allesamt etwas Futuristisches haben, dabei aber im Stil der Blütezeit des Western gehalten ist. Ähnlichkeiten zum Film „Wild Wild West“ mit Will Smith sind nicht von der Hand zu weisen.
Das ist aber bei weitem nicht die einzige Besonderheit, die DAMNATION zu bieten hat. Der Aufbau der Levels ist nicht nur großflächig angelegt (wobei von den großen sichtbaren Flächen bei weitem nicht alle Stellen erreichbar sind), sondern vor allem in ihrer Ausdehnung nach oben aussergewöhnlich. Große Teile des Spiels seid ihr nicht nur allein damit beschäftigt, gegnerischen Truppen Projektile in den Leib zu jagen, sondern sucht parallel dazu einen Weg, wie ihr kletternder und springender Weise einen höheren (oder niedrigeren) Punkt im Level erreichen könnt. Fast schon Tomb Raider-haft schwingt ihr an Stangen, klettert an Mauervorsprüngen herum oder springt gegen Wände, um auf der gegenüberliegenden Seite an eine Kante zu gelangen, die normal anvisiert zu hoch liegen. Aber damit ist die Standard-Shooteraction noch nicht aufgelockert genug: zwischendurch dürft ihr euch immer mal wieder auf eine Art Motorrad schwingen (dampfbetrieben natürlich) und in rasantem Tempo durch die Levels schießen.
Damit euch unterwegs nicht langweilig wird, habt ihr permanente Begleitung in Form der hübschen Yakecan dabei, die im SinglePlayer durch KI gesteuert wird, optional aber auch im Koop-Modus online oder via SplitScreen durch einen zweiten Spieler ersetzt werden kann. Gerade dann macht das Spiel auch gleich noch mehr Spaß, da man sich untereinander absprechen kann. Durch die Möglichkeit der Geistsicht kann dann einer aus sicherer Deckung ansagen, wo die Gegner hocken, während der andere dann gezielt in die Richtung schauend aufräumt. Auf dem Motorrad übernimmt Yakecan den Job des Beifahrers und schießt auf gegnerische Truppen.
Sosehr das Setting und die große Abwechslung auch Spaß machen: leider hat DAMNATION auch ein paar kleinere Macken: grafisch wirken die Texturen teilweise etwas sehr verwaschen, was zwar den düsteren Anstrich der Szenerie unterstreicht, aber auf Dauer dann doch eher eintönig wirkt. Die Synchronsprecher sind zwar nicht die allerschlechtesten (z.B. wird Rourke von Brendan Frasier-Synchronsprecher Thorsten Münchow übernommen), scheinen aber entweder wenig Zeit gehabt zu haben, um sich in das Szenario hineinzuversetzen, oder haben damit Schwierigkeiten gehabt. Wirklich glaubwürdig ist die Leistung nicht unbedingt.
Auch bei der Steuerung hätte noch ein wenig Feinjustierung Freude gemacht. Die Controllerbelegung ist hierbei gar nicht unbedingt das Problem, aber es wird einem schwerer gemacht als nötig, die Gegner anzuvisieren oder von einer Leiter zu springen.
Alles in allem überzeugt DAMNATION durch eine tolle Idee, die in der Umsetzung noch den letzten Schliff hätte vertragen können, insgesamt aber eine gelungene Abwechslung zu den Standard-Shootern bietet, zumal hier viele andere Elemente mit eingebaut wurden. Wer allerdings in erster Linie auf Optik setzt, sollte hier vielleicht zunächst noch einen Blick im Vorfeld drauf werfen, bevor die Katze im Sack gekauft wird.