ID:A – IDENTITÄT ANONYM hat einen entscheidenden Fehler im Marketing: aus unerklärlichen Gründen versucht man, hier eine Parallelität zu „Die Bourne Identität“ zu suggerieren. Eine Frau wird in einem Flussbett wach, hat eine Narbe am Bauch, eine Tasche voller Geld und eine Pistole bei sich, und weiß ansonsten weder, wie sie da hingekommen ist, noch, wer sie ist und was sie bislang in ihrem Leben gemacht hat. Jeden Moment kommen Killer an und wollen sie erledigen, aber dann entdeckt sie ihren eigenen Killerinstinkt?!? Eben nicht! Das, was es bei der Bourne-Identität an Action zu verzeichnen gibt, wird hier in Story-Hintergründe gesteckt und macht ID:A – IDENTITÄT ANONYM zu einem gänzlich anders wirkenden Film.
Eine Frau erwacht aus einer Ohnmacht, ohne Erinnerung an ihr komplettes früheres Leben. Bei sich trägt sie lediglich eine Tasche voller Geldscheinen, am Bauch hat sie eine häßliche Narbe, die frisch genäht scheint. Sie befindet sich in Frankreich, doch anhand ihres Akzents ist der Besitzerin eines Hotels schnell klar, dass sie keine Französin ist. Als ein paar Männer sich nach einem Mann erkundigen, der (abgesehen vom gedachten Geschlecht) auf die Beschreibung der Frau passt, wird sie misstrauisch und taucht zunächst beim Sohn der Gastwirtin unter. Auf einem mehrsprachigen Reiseführer erkennt sie, dass sei aus Dänemark stammen muss, und in einem Bus zurück in die Heimat hört sie eine Stimme, die ihr vertraut vorkommt, aus einem Kopfhörer. Sie besucht das Konzert des Künstlers und wird dort damit überrumpelt, dass jeder sie kennt, denn sie ist die Ehefrau des Sängers Just Ore… Doch das Wissen um ihre Herkunft ist nur der Anfang, denn die Herkunft des Geldes, den Ursprung der Narbe und so einiges mehr sind damit noch nicht geklärt, und dies scheint ein dunkles Geheimnis zu sein…
Tuva Novotny in der Rolle der Ida Ore wirkt (insbesondere in der Szene, wo ihr die Haare gefärbt werden) ein wenig wie Noomi Rapace in der Millenium-Trilogie, allerdings nicht ganz so tough. Die Geschichte um die Frau mit Gedächtnisverlust ist spannend inszeniert, ohne dabei aber die Wirkung zu erzielen, dass man mit der Protagonistin mitfiebert. Vielmehr stellt man sich mehrfach die Frage, warum sie ständig lieber schweigt, anstatt sich mitzuteilen und ihr Problem zu schildern. Insbesondere das Zusammentreffen mit ihrem Mann wirkt hier befremdlich. Sie sagt ihm direkt beim Zusammentreffen, dass sie mit ihm reden wolle. Er erwidert, dies erst später zu Hause tun zu wollen, aber dann gehen sie doch direkt zu Bett und schlafen. Im Auto hatten sie auch keine Zeit zum Reden? Irgendwie unglaubwürdig.
Geschickt gemacht ist die Fragestellung, was denn wohl die Verfolger von Ida im Schilde führen. Meinen sie es nur gut mit ihr, oder haben sie es auf das Geld abgesehen, oder was steckt dahinter. Diese Frage wird erst recht spät im Film geklärt. ID:A – IDENTITÄT ANONYM arbeitet mit mehreren Zeitsprüngen (sobald Ida sich erinnert, wird in einem langen Rückblick erklärt, was bis zum Beginn des Films passiert ist), die Regisseur Christian E. Christiansen geschickt miteinander verknüpft. Wie bereits erwähnt, den suggerierten Action-Kracher der Marke „Die Bourne-Identität“ bekommt man hier nicht zu Gesicht, dafür aber eine fesselnde Geschichte, die sich schleichend von einem Rätselraten um die Herkunft einer an Amnesie erkrankten Frau zu einem spannenden Thriller steigert. Darstellerisch gibt es kaum offene Wünsche, auch wenn (oder gerade weil?) die Gesichter allesamt eher unbekannt sind…