Es ist immer wieder schade, wen nein grundsätzlich guter Gedanke im Keim erstickt wird. Die Idee, ein Videospiel über das Dasein als Motorradgang-Mitglied zu machen, ist sicherlich grundsätzlich erst einmal gar nicht so verkehrt. Um hier bei dann allerdings punkten zu können, erwarte ich neben handwerklich halbwegs brauchbarem Material vor allem eines, denn danach schreit dieses Genre ja förmlich: ein Open World-Spiel. RIDE TO HELL – RETRIBUTION präsentiert euch ein technisch mäßig durchwachsenes Spiel, bei dem ihr mehr oder weniger geradlinig auf euer großes Ziel hinsteuert.
Ihr seid Jake Conway, gerade frisch aus dem Vietnam-Krieg zurückgekehrt und habt euch noch gar nicht wieder richtig ins Zivilleben eingefunden, als euer jübngerer Bruder von der Motorrad-Bande „The Devil´s Hand“ umgebracht wird, weil er die Farben von „Retribution“ trägt, einem Motorradclub, dem euer Vater früher angehört hat. Ihr selbst könnt ihm nicht mehr rechtzeitig zu Hilfe eilen und fangt euch stattdessen auch noch eine Kugel ein. Rasend vor Wut schwört ihr eurem Onkel Mack, dass ihr „The Devil´s Hand“ in Eigenjustiz zur Strecke bringen werdet für dieses Verbrechen, und so macht ihr euch mit einem Motorrad auf Rachefeldzug…
Doch bevor ihr überhaupt wisst, worum es geht, fahrt ihr erst einmal durch die Gegend, steht kurz darauf an einer fest montierten Doppel-MG und schießt auf Gegner, fahrt ebenso unvermittelt wieder Motorrad, prügelt euch plötzlich mit einem Typen, um dann wenig später in einer Videoszene auf jemand anderen zu schießen… Soll das ein inhaltlich völlig unabhängiges Tutorial sein? Sozusagen die Essenz dessen, was im Spiel noch auf euch zukommen mag? Wahrscheinlich ja, denn gemessen an dem, was hinterher passiert, wäre hier noch die Gelegenheit gewesen, das Spiel unbeschadet wieder aus der Konsole zu nehmen. Aber es soll anders kommen.
Von hier an schickt euch RIDE TO HELL – RETRIBUTION nämlich nach und nach von einem Gangmitglied zum nächsten, wobei das Spiel in drei-vier unterschiedliche Sequenzen unterteilt werden kann: ihr fahrt mit eurem Bike von A nach B und tötet auf der Strecke euch angreifende Motorradrocker, ihr kommt bei B an und a: prügelt euch mit stumpf auf euch zueilenden Clon-Gegnern b: erschießt stumpf auf euch zueilende Clon-Gegner, ihr besiegt in einem Bossfight das jeweilige Haupt-Gangmitglied, ihr fahrt von B nach A, tötet auf der Strecke angreifende Motorradrocker und vertickt anschließend die erbeuteten Drogen, um euren Geldbeutel aufzubessern, damit ihr euch Waffen- oder Fertigkeiten-Upgrades leisten könnt. Unter Umständen müsst ihr in diesem Ablauf noch zwischenzeitliche Nebenaufgaben erledigen, um in der Hauptmission voran zu kommen, die laufen aber genauso ab. Die Story lässt euch in unregelmäßigen Abständen mit irgendwelchen heißen Bräuten im Bett landen, da gibt es dann allerdings nicht wirklich was zu sehen…
Was hier sehr eintönig klingt, wirkt auch genauso im Spiel. Dazu kommt, dass Grafik und Sound nicht gerade zur Creme de la Creme zählen und die Steuerung mindestens genauso öde ist: die Schießereien leiden aufgrund der Fadenkreuzträgheit, das Deckungssystem funktioniert halbwegs gut, die KI ist dafür bescheiden. Bei den Faustkämpfen stehen euch Angriff, Blockbrecher und Block zur Verfügung, und auch die „Wutangriffe“, die ihr zwischendurch immer mal durchziehen dürft, lockern das Spielgeschehen nur bedingt auf (Quicktime-Events gibt es schließlich leider auch bei den Bosskämpfen und auf dem Motorrad genug zu erleben).
Das Spiel ist optisch zurückhalten mit dem, was es tatsächlich detailliert zeigt,das Gewaltpotential des Spiels ist aber umso höher, weswegen es der Titel auch definitiv in die FSK-18-Abteilung geschafft hat. Notwendig wäre das sicherlich nicht zwangsweise gewesen, aber so kann man vielleicht noch ein paar Brutalitäts-Sympathiepunkte erhaschen. Dass Jake ein wilder Hengst ist, wird auch schnell klar, denn bei jeder sich bietenden Gelegenheit landet er mit irgendwelchen Mädchen in der Kiste, doch das kann nicht alles sein, denn um die Damenwelt zum völlig stummen Höhepunkt zu bringen, braucht er weder sich noch sie der Kleidung zu entledigen… Was das soll, fragen wir uns schon gar nicht mehr, weder, was das überhaupt soll, noch, was das in dieser Form soll.
Das Zusammenspiel der einzelnen Elemente funktioniert leider gar nicht, sonst hätte aus dem Spiel unter Umständen ein recht brauchbares Game werden können. So fehlt schon nach kurzer Zeit die Motivation, sich auch nur für eine weitere Meile in den Sattel zu schwingen, egal, wie hübsch ihr euer Motorrad im Editor-Menü zwischenzeitlich auch schon gemacht haben wollt…