Dass Regisseur Neil Jordan für den Film BYZANTIUM wie Arsch auf Eimer passt, wird recht schnell klar. Der Film erzählt die Geschichte einer Vampirin und ihrer Mutter im Jetzt, allerdings bleibt es natürlich auch nicht aus, dass bei solch einer Erzählung Rückblenden erfolgen, die in ganz anderen Zeiten stattfinden. Entgegen seiner Arbeit bei „Interview mit einem Vampir“ beschränkt sich Jordan hier allerdings auf die Entstehungsgeschichte der Vampire, anstatt ihren kompletten Werdegang zu durchleuchten. In den Hauptrollen des Films glänzen Saoirse Ronan als Eleanor und Gemma Arterton als ihre Mutter Clara.
Clara hat kein leichtes Leben. Sie verdient sich als Freudenmädchen in einem Hurenhaus, und es kommt irgendwann, wie es kommen muss: sie wird schwanger. Anstatt, wie es von ihr erwartet wird, ihre Tochter aber schon als Baby umzubringen, sorgt sie dafür, dass Eleanor in einem Waisenhaus groß wird. Sie selbst arbeitet weiter, wird aber schwer krank und rechnet mit einem baldigen Ende, als sie durch Zufall von einem magischen Ort erfährt, an dem man das ewige Leben geschenkt bekommt; im Tauschgeschäft gegen die eigene Seele.
Sie geht diesen Deal ein, und auch ihre Tochter soll sie in der Ewigkeit begleiten. Das ist allerdings ein fataler Fehler, denn die Bruderschaft, die über die Vampire wacht, hat seine eigenen Regeln, und eine davon besagt, dass weibliche Vampire keine weiteren Vampire erschaffen dürfen, denn dieses Privileg ist den Männern vorbehalten, und entsprechend droht Eleanor der Tod…
Seither sind Clara und ihre Tochter immer auf der Flucht vor der Bruderschaft, das schon seit mehreren hundert Jahren, und immer wieder müssen sie ihre Zelte abbrechen und ein neues Zuhause finden. Doch Eleanor hat keine Lust mehr auf diese Flucht, sie will aus diesem Muster ausbrechen und endlich sesshaft werden. Doch das würde voraussetzen, dass niemand ihr Geheimnis erfährt. Während sie dank ihrer Mutter eine Bleibe in dem ehemaligen Hotel Byzantium findet, welches sie kurzerhand in ein Bordell ummodelt, lernt Eleanor einen schwer kranken Jungen kennen, und schon nach kurzer Zeit findet sie Gefallen an ihm…
BYZANTIUM hat leider das Problem, dass sich die Geschichte deutlich fesselnder und dynamischer hätte erzählen lassen können. Jordan fokussiert hierbei stark auf die Trostlosigkeit der Situation aus Eleanors Sicht. Dies wird durch kurze Actionsequenzen aufgelockert, in denen Clara ihren Peinigern zu entkommen versucht, sowie durch die Szenen, in denen Clara „ihren Job macht“ und dadurch eine gewisse Verantwortungslosigkeit durchscheinen lässt, wobei ja eigentlich das genaue Gegenteil der Fall ist. Logische Fehler sind hierbei dennoch zu beobachten, denn obgleich Eleanor wie eine 16-jährige aussieht, hat sie dennoch die Erfahrung einer 200-Jährigen, entsprechend dürfte eigentlich keine so deutliche Hierarchie zwischen Mutter und Tochter herrschen, schließlich hat Eleanor quasi schon genauso viel erlebt und gesehen wie sie. Nichtsdestotrotz hat man den Film über das Gefühl, man hätte es mit einem unmündigen Schulmädchen zu tun.
Abgesehen von der Ernährung mit Blut und dem ewigen Leben haben die Vampire in BYZANTIUM scheinbar keine Ähnlichkeit mit den einschlägig bekannten Filmvampiren. Keine Holzpflöcke, keine Kreuze, Sonnenlicht ist kein Problem, und auch die Reißzähne werden nicht als Symbol verwendet, stattdessen haben hier die Vampire Dolch-ähnliche Daumennagel, wenn sie der Blutdurst packt.
Hätte man den Konflikt zwischen der Bruderschaft und den beiden Damen in den Vordergrund gerückt, so hätte BYZANTIUM ein richtig spannender Film werden können. Da dies aber die meiste Zeit eher als Randerscheinung auftritt und ansonsten der im stillen schwelende Konflikt zwischen Mutter und Tochter thematisiert wird, zieht sich die Handlung ein wenig in die Länge, und es überrascht zum Schluss hin, dass das eigentliche Finale eben nicht zwischen diesen beiden ausgetragen wird, sondern dann doch wieder mit der Bruderschaft. Hier stimmt die Gewichtung zwischen Hauptthema und Anteil der Laufzeit nicht ganz. Schauspielerisch hingegen ist der Film wirklich stark, und die Trostlosigkeit der Situation spiegelt sich recht gut in den düsteren Bildern wieder, die Jordan hier die meiste Zeit zeigt. Alles in allem ein solider Film, aus dem man meiner Ansicht nach deutlich mehr hätte machen können, das liegt aber möglicherweise auch an der Erwartungshaltung, die man an das Thema „Vampirfilm“ hat.