„Amerika, 1961. Ihr Sieg über General Totenkopf währte nur kurz. Trotz des Rückschlags hält das Regime die Welt weiterhin in seinem Würgegriff. Als B.J. „Terror-Billy“ Blazkowicz, Mitglied des Widerstands, Geißel der Faschisten und letzte Hoffnung der Menschheit obliegt es Ihnen, diesen Würgegriff ein für alle Mal zu brechen. Nur Sie haben die Entschlossenheit, den Mut und die nötigen Waffen, um die Invasoren entscheidend zu schwächen und eine zweite amerikanische Revolution einzuläuten.
Die Mission: Befreien Sie Amerika
Das Arsenal: Nutzen Sie vernichtende Waffen & Zukunftstechnologie
Der Plan: Erledigen Sie den Feind“
Nach einer langen, langen Pause setze ich mich erstmalig wieder an eine Videospiel-Rezension, und was könnte einen besseren Einstieg bieten als WOLFENSTEIN II – THE NEW COLOSSUS? Wir haben es mit einem klassischen Ego-Shooter zu tun, der voll und ganz auf einen Multiplayer-Part verzichtet und sich vollständig auf die Kampagne konzentriert. Das ist letztlich genau das, was ich eigentlich präferiere. Wenn mir bei einem Shooter eine gute Story erzählt wird, habe ich keine Probleme damit, an die Hand genommen zu werden, was die Reihenfolge der Ereignisse betrifft. Eine offene Welt? Schön und gut, aber das können gerne andere erledigen. Also ran an den Controller und die Beine in die Hand genommen…
Mit einem recht knackigen Schwierigkeitsgrad ausgestattet überrascht euch das Spiel gleich zu Beginn mit einer Herausforderung der ganz besonderen Art (wir wollen aber nicht zu viel verraten). Inhaltlich schließt die Geschichte mehr oder minder direkt an Teil 1 an, jedoch habt ihr eine ganze Zeit „verpennt“, denn wie sich einige sicherlich erinnern werden, ging Blazkowicz aus dem letzten Teil mehr tot als lebendig heraus. Eure Verbündeten haben sich die Mühe gemacht, euch wieder notdürftig zusammen zu flicken an Bord der gekaperten Hammerfaust, und just als ihr gerade wieder zu euch kommt, wird das U-Boot von der Ausmerzer, dem Luft-Flaggschiff unter dem Kommando von Irene Engel, angegriffen. Also gilt es zunächst, das Schiff wieder unter Kontrolle zu bringen, die Ausmerzer abzuschütteln und herauszufinden, wie ihr überhaupt entdeckt werden konntet.
Bereits in den ersten Levels des Spiels passiert so viel, was an die Nieren geht, dass es einen nur so schüttelt. Ihr müsst eine bestimmte Entscheidung aus dem ersten Teil noch einmal nacherleben (so es denn keinen Speicherstand mehr gibt), und das ist nicht das einzige Trauma, das Blazkowicz durchstehen muss. In seinem Delirium erfahrt ihr in mehreren Rückblicken, wie seine Kindheit abgelaufen ist und wie aus ihm der Mann wurde, der er heute ist. Genau hier liegt übrigens auch die Stärke von WOLFENSTEIN II: statt irgendwelcher Pseudo-Storygeplänkel zu bieten und den Fokus auf das Actiongeschehen zu richten, gibt es hier wirklich etwas zu erleben und zu erfahren. Die Charaktere, auf die ihr im Spiel trefft, sind alle durchdacht, authentisch und ja, natürlich mit einem zwinkernden Auge auch manches mal überzogen. Alles in allem überzeugt das Spiel aber gerade hier, auf der Gefühlsebene. Entsprechend wollen wir auch nicht viel weiter auf die Story eingehen, denn genau hier hat WOLFENSTEIN II seine größten Stärken. Es wird nicht nur sinnlos Blei und Co in die Luft gehauen, sondern hier werden Geschichten erzählt, Charaktere gezeichnet, Schicksale besiegelt. Dabei gelingt es dem Entwicklerteam, sowohl tiefschwarzen Humor ins Spiel einzubauen, als auch die Tragik der gesamten Szenerie und die Bedrohung durch das Regime wirklich erscheinen zu lassen. Und seid euch gewiss: das Regime kennt keine Gnade, und das, was Blazkowicz schon in den ersten knapp 60 Minuten erdulden und erleiden muss, grenzt an Terror.
Da drückt man doch gerne mal ein halbes Auge zu, wenn die Gegner-KI nicht immer die beste ist, und auch die etwas schwammige Steuerung will man da gerne mal verschmerzen. Ich habe mich hier bestens unterhalten gefühlt, WOLFENSTEIN II – THE NEW COLOSSUS ist ein wenig wie eine Fernsehserie zu schauen, bei der man sich besonders gut mit dem Protagonisten identifizieren kann. Ihr spielt nicht, weil das Spiel an sich so geil ist, sondern weil ihr wissen wollt, wie die Story weiter geht. Hier hat das MachineGames – Studio einen richtig guten Job gemacht. Natürlich ist das Spiel von jeglichem Weltkriegs-Propaganda befreit und damit nicht auf dem Index, die Bezüge sind aber weiterhin klar und es tut dem Spielspaß keinerlei Abbruch. Beim Waffenarsenal haben wir es mit einer Mischung aus Projektil-und Strahlwaffen zu tun, die allesamt richtig Bock machen.
FAZIT: Wer bei einem Ego-Shooter vor allem auf das Geballer steht, der sollte sich vielleicht an anderer Stelle umschauen, denn das ist zwar solide, aber nicht das Hauptaugenmerk des Spiels. WOLFENSTEIN II – THE NEW COLOSSUS erzählt dafür aber eine richtig geile Geschichte, in der man mit den Figuren mitfiebert und mitleidet. Von uns jedenfalls gibt es eine klare Kaufempfehlung!