AFTERSHOCK behandelt das große Erdbeben in der Region Tangshan aus dem Jahr 1976. Hierbei ist das Erdbeben zwar auslösendes (und ein späteres Beben abschließendes) Ereignis für die eigentliche Handlung des Films, im Gegensatz zu den Versprechungen auf dem Cover ist es aber keinesfalls das Kernelement, um das sich alles dreht.
1976: ein schweres Erdbeben tobt in der Region Tangshan. Die Zwillinge Fang Da und Fang Deng werden unter den Trümmern des eigenen Hauses verschüttet und durch eine schwere Betonplatte eingeklemmt. Die Rettungskräfte stellen die Mutter vor eine schreckliche Wahl: wenn sie ihrem Sohn heraushelfen, wird ihre Tochter durch die Masse zerquetscht, helfen sie der Tochter, wird der Sohn es nicht überleben. Die Mutter ist verzweifelt und fleht die Retter an, beide zu retten, doch als diese aufgrund der Unschlüssigkeit der Mutter bereits abziehen wollen, entschließt sie sich schwer traumatisiert für die Rettung des Sohns. Dies hört die Tochter allerdings, und als sie wie durch ein Wunder doch überlebt, von der Mutter tot geglaubt, lässt sie sich von einem Ehepaar, das in der Roten Armee angestellt ist, adoptieren…
Erst viele Jahre später, als 2008 in Sichuan ein Erdbeben tobt und sich sowohl Fang Da als auch Fang Deng für Rettungstätigkeiten freiwillig melden, treffen sie durch Zufall aufeinander, und Fang Deng stellt sich der Begegnung mit ihrer Mutter…
Das ist, grob zusammengefasst, der Inhalt von AFTERSHOCK. Die anfängliche Sequenz mit dem Erdbeben ist spannend inszeniert, der Zuschauer erschüttert von der Ohnmacht der Bevölkerung, von der Urgewalt, die dort tobt. Ebenfalls ist das Zusammentreffen von Mutter und Tochter am Schluss bewegend gedreht worden. Bis dahin ist alles gut.
Was weder in der oberen Beschreibung noch aus dem Klappentext oder irgendetwas anderem klar hervorgehoben wird, ist folgende problematische Sache:
Der Hauptteil des Films beschäftigt sich mit der Zeit zwischen Adoption und Wiedersehen. Nicht ganz zwei Stunden wird das Großwerden und Aufwachsen der beiden Zwillinge gezeigt, wird gezeigt, wie sich Eltern in das Leben der Kinder einmischen, und wie die Kinder versuchen, ihre Eltern zu erziehen. Mit kommunistischer Propaganda sollte man auch zurechtkommen, denn davon gibt es jede Menge zu sehen. Dass Fang Deng ein Kind ohne den Vater bekommt, stattdessen aber ins Ausland geht und dort auch noch einen Ausländer heiratet, ist fast schon ein Skandal.
Völlig unverständlich für mich ist die Tatsache, dass die Szene, in der die Geschwister durch Zufall aufeinandertreffen, um den Moment gekürzt wurde, in dem sich Fang Deng ihrem Bruder Fang Da zu erkennen gibt. Und auch der Moment, in dem die Mutter erfährt, dass ihre Tochter noch am Leben ist, wird nicht gezeigt.
Insgesamt hat AFTERSHOCK zwar ein paar bewegende und auch durchaus spannende Augenblicke, insgesamt erscheint mir die Geschichte aber viel zu langatmig, den Großteil der Laufzeit passiert quasi gar nichts, was für die eigentliche Geschichte von Belang wäre. Das Großwachsen der Zwillinge ist zwar vielleicht für den einen oder anderen interessant, aber nicht unbedingt von tieferer Bedeutung für das Wiedersehen der Familie. Wer auf chinesische Dramen steht, kann hier getrost zugreifen, einen Katastrophenfilm, wie das Cover suggerieren will, gibt es hier allerdings nicht.