Welch große Freude! Mein persönliches Spiel des Jahres 2013 auf der XBOX 360 bekommt für die NextGen-Konsolen eine Upgrade-Version. TOMB RAIDER – DEFINITIVE EDITION heißt das Schmuckstück, und bietet mehr als nur reines Upscaling! Hier wurde kräftig an der Grafik und physikalischen Gesetzen gearbeitet, sodass sich das Spiel auf der XBOX ONE optisch klar von seinem kleinen Bruder absetzen kann. Gleichwohl, inhaltlich wurde leider nicht wirklich etwas dazu gepackt, was angesichts des starken Hauptspiels sehr betrüblich ist. Natürlich macht uns das die Sache auch einfach, denn so brauchen wir das Rad nicht neu zu erfinden und können uns zumindest was den Inhalt betrifft auf die alte Rezension stützen…Das Drachen-Dreieck, so etwas wie das Bermuda-Dreieck Japans… Genau hierhin verschlägt es die noch sehr junge, unerfahrene Lara Croft mit einer Expeditionsgruppe, als sie in einen furchtbaren Sturm geraten, der das Schiff in der Mitte zerbrechen lässt und die Besatzung am Strand einer Insel ausspuckt. Doch kaum ist Lara wieder zu sich gekommen, wird sie auch schon wieder bewusstlos geschlagen! Die Insel ist tatsächlich bewohnt, aber die Bewohner sind alles andere als freundlich: als Lara das nächste Mal zu sich kommt, ist sie gut verschnürt kopfüber unter die Decke einer Höhle gehängt worden. Dies ist der Beginn einer spannenden Geschichte, in der Lara ein ums andere Mal um ihr Überleben kämpfen muss, sich aus gefährlichen Situationen rettet, ihre Flucht von der Insel vorbereitet und nicht zuletzt auch den anderen Besatzungsmitgliedern zur Seite steht, um sie aus den Klauen der Kultisten zu befreien…
Wer bei TOMB RAIDER zuerst an knifflige Rätsel, Sprungpassagen und das Erforschen verlassener Tempelanlagen und Grabstätten denkt, der wird sicherlich enttäuscht werden. Lara Croft hat sich eine Menge bei Nathan Drake abgeschaut, sodass ihr es recht bald mit einem soliden 3rd Person Shooter zu tun bekommt. Ist das nun negativ? Puristen werden dies sicherlich verächtlich betrachten und Lara ab sofort den Rücken zukehren wollen. Wer sich aber damit anfreunden kann, dass das Spiel einen völlig neuen Ansatz erhält, findet ein fast perfektes Spiel vor. Sämtliche Mechaniken funktionieren perfekt, nicht nur die Kampf-Optionen mit einem automatischen Deckungssystem, Nahkampf, Ablenkungsmöglichkeiten und Finishern, sondern auch die Kletterpassagen, der Einsatz von Feuer und dergleichen.
Wie wird nun aus einer Archäologin eine Killermaschine? Hier ist einer der wenigen Kritikpunkte an TOMB RAIDER: es geht viel zu schnell. Zunächst muss sich Lara, die per Zufall einen Bogen mit Pfeilen gefunden hat, etwas zu essen besorgen, um wieder zu Kräften zu kommen. Okay, die Story sorgt dafür, dass Lara zur Jägerin wird, aber ein Tier zu töten fällt ihr ausgesprochen… ja was denn nun? Spielerisch fällt es ihr ungemein leicht: Bogen anlegen, zielen, schießen! Doch kaum habt ihr das erste Reh erlegt, hockt sich Lara daneben und entschuldigt sich beim toten Tier für ihre Tat. Wenig später gerät sie in eine Situation, wo es um Leben und Tod geht, und auch hier fällt es ihr schwer, sich durch einen Befreiungsschuss selbst zu schützen. Doch von dem Moment an ist Lara ein Killer! Plötzlich und unerwartet hat sie keinerlei moralische Bedenken mehr, sich die Kultisten vom Leib zu halten, und auch, wenn eine Möglichkeit bestünde, einfach an diesen vorbei zu schleichen, ist es im Endeffekt einfacher, sie gleich aus dem Weg zu räumen.
Fast hätten wir einen weiteren Kritikpunkt übersprungen. Die Jagd nach Rehen etc. wird zwar im weiteren Spielverlauf mit Erfahrungspunkten und Baumaterial belohnt, für Laras Gesundheit ist aber nur in diesem Moment die Jagd wichtig, ansonsten regeneriert sie auch so, wenn sie nur kurz zur Ruhe kommt. Ein weiteres Mal muss sie dann einen Verbandskasten suchen, der ihr Story-bedingt aufgezwungen wird…
Es gibt jede Menge zu sammeln auf der Insel, von Geocaches über Trümmerkisten, Waffen-Upgrades, Schätzen, Notizen, sogar die Tier-Abschüsse werden gezählt und helfen euch zu Erfolgen. Zudem gibt es versteckte Grabkammern, in denen ihr dann Rätsel zu knacken bekommt. Es gibt also sehr viel auf der Insel zu entdecken…
Die Story ansonsten? Top! Spannend! Abwechslungs- und wendungsreich! Rätsel? Gibt es auch ein paar, die auch mal recht knifflig werden können. Grafik? Eine Pracht! Sound? Großartig, insbesondere auch durch die schon vielfach gelobte Synchronisation durch Nora Tschirner in der Rolle der Lara Croft. Das, was das Spiel aber besonders auszeichnet, ist die permanent spannende Atmosphäre. Auch, wenn ihr ganz klar und deutlich merkt, dass es gerade eine ruhige Passage ist, in der nichts passieren sollte, müsst ihr mit allem rechnen. Man denke hierbei an ein Resident Evil 4 oder 5, allerdings ohne Zombies und Mutationen.
Ebenfalls brauchbar, allerdings im Vergleich zur Story eher unwichtig, ist ein Multiplayer-Part, der mit vier unterschiedlichen Modi aufwartet: ein klassisches Team-Deathmatch, ein „Rettung“ getaufter Modus, bei dem es gilt, als Überlebender Medikits in die eigene Zone zu bringen, wohingegen die Inselbewohner das andere Team davon abhalten müssen. Wer das Medikit trägt, kann nicht schießen, zudem entfallen Kletter- und Rutschoptionen, und wer zu tief springt, verliert das Paket auch mal. In „Schrei um Hilfe“ geht es darum, als Überlebender drei Funktürme wieder in Gang zu bringen, die Bewohner verhindern dieses wieder. In „Freier Wettbewerb“ handelt es sich im engeren Sinne um ein Deathmatch, bei dem man allerdings erst wieder ins Spiel kommt, wenn derjenige, der einen eliminiert hat, ebenfalls eliminiert wurde. Natürlich gibt es auch in TOMB RAIDERS Multiplayer-Modus ein Rangsystem, mit dem man nach und nach Modelle und Waffen freischalten kann.
Wer auch immer über dieses Spiel jammern will, kann es gerne tun: in unseren Augen ist dies maximal Jammern auf hohem Niveau, oder aber man hat nicht begriffen, dass TOMB RAIDER nicht wie die vorherigen Lara Croft-Abenteuer werden sollte.
Warum also jetzt die DEFINITIVE EDITION? Ob man, wenn man das Spiel bereits auf der vorherigen Konsolengeneration gespielt hat, unbedingt noch einmal zum Vollpreis kaufen muss, sei dahingestellt und das muss jeder für sich entscheiden. Wer das bislang noch nicht getan hat, sollte jedenfalls unbedingt zur neuen Version greifen! Inhaltlich wurden hier sämtliche DLC-Inhalte dazu gepackt sowie ein paar kleinere digitale Gimmicks, aber das ist eher nebensächlich. Entscheidender ist die Aufarbeitung der ohnehin schon genialen Grafik des Spiels, die jetzt (um mal die auffälligsten Beispiele zu nennen) zum Beispiel Laras Haare realistisch im Wind wehen lässt, ihre Zubehörteile wie Pfeile oder den Kletterhammer physikalisch korrekt hin- und her schaukeln lässt, oder aber Rücksicht darauf nimmt, was gerade so passiert. Lara ist schmutzig und blutüberströmt? Ja, das kennen wir bereits. Aber sobald sie unter Wasser taucht oder in Regen gerät, waschen sich Blut und Schmutz langsam ab und man sieht das Wasser an ihrer Hautoberfläche abperlen… Dass die Texturen etc. alle viel lebendiger und echter wirken, wenn das Bild in vierfacher Auflösung auf den Bildschirm gebracht wird, versteht sich von selbst…
TOMB RAIDER ist und bleibt ein absolutes Juwel unter den Spielen, die DEFINITIVE EDITION portiert dieses Juwel nicht nur auf die neue Konsolengeneration, sondern bietet eine grafische Komplettüberarbeitung, deren Ergebnis sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen kann!