Die wohl schärfste Konkurrenz zur GTA-Reihe ist zurück. SAINTS ROW 2 bietet eine ähnlich intensive OpenWorld-Erfahrung, wie es Rockstars GTA IV tut, jedoch liegen die jeweiligen Schwerpunkte und entsprechend auch die Vorzüge unterschiedlich. Wir haben uns in die Stadt Stilwater gewagt und uns unseren Weg die kriminelle Karriereleiter herauf freigeschossen. Wie wir es fanden, erfahrt ihr hier.
Ein Spiel in einer offenen Welt zu kreieren hat seinen ganz eigenen Reiz. Nirgendwo sonst werden so viele unterschiedliche Möglichkeiten offenbart wie hier. Das muss allerdings auch nicht immer nur von Vorteil sein. Ist das Spielgeschehen zu offen gestaltet und man weiß vor lauter Nebenaktivitäten gar nicht mehr, wie es denn nun in der Spielstory voran geht, dann stimmt da irgendetwas nicht, und aus der vorher noch stark motivierenden Freiheit, die das Spiel bietet, wird ein Frustpunkt, den es zu knacken gilt. SAINTS ROW 2 hat diese Hürde nach meiner Ansicht besser bewältigt, als es GTA IV geschafft hat. Dadurch, dass die Nebentätigkeiten auf eine überschaubare Anzahl beschränkt sind und man immer genau weiß, wo das nächste Hauptlevel weitergeht, kann man sich zwar langfristig mit Tinnef aufhalten, muss das aber nicht zwangsläufig tun.
Ein anderer Punkt, der bei OpenWorld-Spielen wichtig ist, ist der Realismus. Zu wenig, und alles ist unglaubwürdig, zu viel, und die Spieler-Allmacht geht verloren. Hat man sich beim Rockstar-Pendant häufig dabei erwischt, dass man sich übertrieben an das allgemein geltende Gesetz gehalten hat, um einer Konfrontation mit den Cops aus dem Weg zu gehen, gestaltet sich dies bei SAINTS ROW 2 deutlich einfacher. Nicht alle zwei Sekunden kreuzt ein Polizist auf, um uns das Leben schwer zu machen, aber wenn, dann kann man die auch kurzerhand um die Ecke bringen. Wenn das Fahndungslevel zu weit gestiegen ist, dann sollte man sich auf der Straße etwas rar machen, dann hat man auch bald wieder Ruhe.
Okay, wir greifen vor. SAINTS ROW 2 baut auf dem ersten Teil auf, jedoch mit einigen Freiheiten. Durch eine Explosion wurde der Spielercharakter derart entstellt, dass nun, wo die Verbände abgenommen werden, dem Spieler mittels Generator alle Freiheiten gelassen werden, ob dick oder dünn, schwarz oder weiß, männlich oder weiblich, etc. Kaum, dass ihr euch für ein Outfit entschieden habt, heißt es aus dem Gefängnis auszubrechen und sich dann, nach gelungener Flucht, neu einzukleiden. Ein Besuch in einer Kneipe sorgt dafür, dass man erfährt, dass der einstmalige Bandengenosse kurz vor der Hinrichtung steht. Da wir das nicht zulassen können, fahren wir direkt ins Gerichtsgebäude und schießen unseren Freund frei. Nun werden wir erstmals aufgeklärt, dass es um die Saints nicht mehr sehr gut bestellt ist. Gemeinsam macht man sich auf die Suche nach einem neuen Hauptquartier, sucht sich ein paar Mitstreiter, und dann holt man sich den Respekt auf der Straße zurück, indem man die anderen Banden und Gangs systematisch auseinander nimmt.
Die Steuerung der Spielfigur ist schnell erlernt, die Auswahl an Waffen ist reichhaltig, angefangen vom bloßen Faustkampf über Schlaginstrumente, Handfeuerwaffen bis hin zu Bazookas ist hier alles vertreten. Damit ihr schnell von A nach B gelangt, könnt ihr in jedes beliebige Fahrzeug einsteigen (sofern ihr vorher den Fahrer aus dem Auto gezerrt habt). Die Missionsziele sind klar gesteckt und werden im HUD auch auf einer kleinen Karte angezeigt.
Grafisch steht SAINS ROW 2 etwas hinter seinen Möglichkeiten, das fällt bei der actionlastigen Handlung aber nur bedingt auf, auch wenn ein paar mehr Details sicherlich schön gewesen wären. Soundseitig gibt es ein paar coole Radiostationen, auf denen recht vielseitige Musik gespielt wird (freundlicher Weise nach Genres gestaffelt, somit kann man sich immer den eigenen Sender suchen), die Waffen haben ordentlich Wumms, und auch die Sprecher machen einen veritablen Eindruck (wenn auch nur auf Englisch mit deutschen Untertiteln).
Wenn mich jemand fragen würde, ob GTA IV oder SAINTS ROW 2, ich würde mich wohl für letzteres entscheiden, denn die Action ist hier spürbarer als bei der großen Konkurrenz. Die Möglichkeiten und die erzählerische Dichte mögen nicht ganz so gut sein, dafür ist das etwas arcadelastigere Spielgeschehen aber viel mehr mein Fall als das teilweise schnöde hin-und hercruisen in GTA IV, wo es dann doch das ein oder andere Mal völlig belanglose Aufgaben zu erledigen gilt und man doch einen Großteil der Zeit einfach nur totschlägt. Da schlage ich doch lieber verfeindete Gangmitglieder (virtuell) tot! Dass es grafisch nicht ganz so hoch her geht, kann man dem Spiel gerne verzeihen, dafür fühlt man sich in der Rolle als fieser Gangster recht schnell wohl und ist fast genauso scharf darauf, sich in Stilwater einen Namen auf der Straße zu machen, wie es das digitale Alter Ego ist.